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Spital  Appenzell  


Studienauftrag  

PL  Karin Fritsche Stadelmann dipl. Architektin ETH SIA St.Gallen
Eva Louis dipl. Architektin/ ETH SIA Stein AR


Gemäss politischem Beschluss der Landsgemeinde wurde der Entscheid für einen Neubau des Spital Appenzell mit Notfall, Operation, Bettenstation und Ambulatorien mit Belegärzten und div. Therapienangeboten gefällt. Zu diesem Zweck wurde ein Präqualifikationsverfahren mit entsprechender Einladung zum Studienauftrag durchgeführt.


Architekturkonzept

Der Neubau setzt die Konzeption der Appenzeller Bautradition fort, welche sich durch die präzise Situierung im Landschaftsverlauf, durch die kompakte Volumetrie und Nutzungsorganisation sowie durch eine klar strukturierte und feingliedrige Gestaltung auszeichnet.
Das Projekt orientiert sich an den örtlichen Qualitäten. Der Neubau spannt einen länglichen Baukörper in die Landschaft ein, konzipiert die Südlage mit bester Aussicht auf den Alpstein.
Mit der Staffelung von unterschiedlichen Höhen und Volumengrössen kann auf die Massstäblichkeit der bestehenden Anlage und auf das angrenzende Wohnquartier reagiert werden. Der Baukörper wird in den topographischen Verlauf der Wiesen- und Wald-/Bachlandschaft eingebettet, womit die einzigartigen Landschaftsqualitäten mit Blick auf die verspielten Hügelkuppen und auf das Dorf Appenzell im Rauminnern erlebbar werden.
Mit dieser Platzierung erhält der Spitalneubau einen grosszügig vorgelagerten Freiraum, öffnet sich auf das Alpsteinpanorama und funktioniert unabhängig von den zur Umnutzung vorgesehenen Bauten.
In einer ersten Phase kann die neue Zufahrt erstellt werden, was den Betrieb im bestehenden Spital während der Bauzeit garantiert. Nach dem Abbruch des Personalhauses erfolgt der Spitalneubau und das Gesamtareal inkl. Alters- und Pflegezentrum kann an die Energiezentrale angeschlossen werden.



Nutzungskonzept

Die Nutzungen über die Geschosse sind so organisiert, dass ein Einklang aus guter Funktionalität mit der Gestaltung der räumlichen Innenstruktur und dem charaktervollen Aussen entsteht.
Im Erdgeschoss wird der Notfall in Kombination mit der Hausarztpraxis und der Diagnostik an bester Lage platziert. Die Erschliessung für Notfall, Anlieferung und Parkierung sind klar voneinander und vom Personalfluss getrennt. Der Zugang zum Spital ist fussgänger- freundlich gestaltet. Eine neue Trottoirschicht und eine Kurzverbindung mittels Treppe führt über das Hochplateau durch einen attraktiven Garten direkt zum neuen Spital. Besucher wie Patienten können in der Cafeteria und in dessen Aussenraum verweilen oder einen Spaziergang durch den duftenden Garten mit Heilpflanzen geniessen.

Die Drittnutzung im 1.Obergeschoss ist über einen separaten Eingang erschlossen. Je nach Nutzung ist diese frei um einen Lichthof organisierbar und funktioniert unabhängig vom Spitalbetrieb, kann aber je nach Bedarf sehr einfach an diesen angebunden werden. Der Operationsbereich mit anschliessender Tagesklinik ist im 1.Obergschoss mit kurzer Verbindung zum Notfall im Erdgeschoss organisiert. Im 2.Obergeschoss sind die vielen Behandlungs- und Besprechungsräume des inter-disziplinären Ambulatoriums, der Physiotherapie und die Büros der Verwaltung umlaufend auf die einzigartige Aussicht in die Landschaft ausgerichtet. Die Pflege-abteilung wird im 3.Obergeschoss am schönsten Ort platziert. Alle Patientenzimmer sind optimal zur Sonne und Aussicht orientiert, beherbergen je ein Bett in zwei unabhängigen Nischen, welche eine Privatsphäre und mit grosszügigem Panoramafenster einen schönen Ausblick in die Landschaft bieten. Das Dachgeschoss bietet genügend Platz für die Notfallversorgung per Helikopter und liegt weit abgesetzt von der Kaminanlage aus der Energiezentrale.


Freiraumkonzept

Die Schönheit von Natur liegt im Wesen und Wirken von Pflanzen und Material und dem umgebenden Blick in die Landschaft.
Der Verkehr und die Parkierungen sind im heutigen Zustand auf die Funktionstüchtigkeit ausgelegt. Umso mehr ist es an diesem Ort notwendig die Freiraumge-staltung und das Fusswegnetz über das ganze Areal aufzuwerten. Mit Abbruch des alten Pflegeheimes kann der Bach offen renaturiert und der natürliche Baum-bestand des kleinen Tobels fortgeführt werden. So gestaltet sich für die gesamte Anlage eine naturnahe Umgebung, die auf Spazierwegen und an lauschigen Aufent-haltsbereichen erlebbar wird. Mit der Schaffung einer neuen Trottoirschicht wird der Spitalneubau ans öffentliche Wegnetz angebunden. Eine Treppenanlage führt als Kurzverbindung auf das Plateau, wo ein grossflächiger Garten mit Heilpflanzen den vorgelagerten Freiraum des neuen Spitales gestaltet. Hier können Patienten wie Besucher einen Spaziergang voller Duft und Sonne geniessen. Die Baumschichten dienen der Weg- und Raumführung, verschönern mit dem Blätterwerk die Rückfassade der Altbauten und strukturieren den Blick von oben. Der Spitalneubau nimmt auf der Nord-, Ost- und Westseite, ortstypisch, den direkten Anschluss an die charakteristische Wiesenlandschaft auf.



Gestaltungs- und Konstruktionskonzept

Der Baukörper ist über eine zentrale Erschliessungsschicht mit beidseitigen Raumzonen gegliedert, so dass sich verschiedene Nutzungen in zwei- oder mehr-bündiger Form flexibel und kompakt organisieren lassen. Die Beleuchtung mit Tageslicht und die Aussensicht- bezüge sind in allen Geschossen gegeben und ermöglichen den Patienten und den Besuchern eine gute Orientierung. Der Grundriss ist auf einem Raster mit Achsmass 1.35 m x 1.35 m aufgebaut, was sich systematisch in der Tragwerkstruktur und der Fassadengliederung abbildet. Mittels Leichtbauweise können je nach Bedarf grosse oder kleingliedrige Raumschichten unabhängig von der Tragstruktur ausgebildet und auch leicht verändert werden. Die Bauten werden im MinergieStandard realisiert. Die kompakte Organisation des Spitalneubaus, die Ausrichtung der Baute und die hohe Terraineinbindung wirken sich neben der angestrebten technischen Optimierung positiv auf den Energie-verbrauch aus.

Grundsätzlich steht das Spital für die Repräsentation einer öffentlichen Baute, was sich in Grösse und Gestaltung zeigt. Die Fassadenstruktur ist auf dem Grundrissraster mit Achsmass 1.35 m aufgebaut. Fenstergrösse, Lüftungsflügel, Brüstungen und Gesimse sind proportional dazu. Die strenge Rasterung und deren Ausgestaltung orientieren sich an den Fassaden von Appenzeller Bauten. Die horizontale Fassadengliederung betont die Kulisse mit den sanften Hügelzügen im Hintergrund. Weiter wird die örtliche Typologie mit unterschiedlicher Gestaltung von Haupt- und Nebenfassaden im Spitalneubau umgesetzt. Dies ist im Fassaden-schnitt und der Ansicht 1: 50 dargestellt. Der Sockel ist in Ortbeton vorgesehen und bildet den Uebergang in die Wiesenlandschaft. Die aufgesetzten Fassadenteile mit Brüstungen, Gesimse und Wandpartien werden mit filigranen vorfabrizierten Betonelementen gestaltet. Einzig an der Hauptfassade wird partiell ein Relief in An-lehnung an die örtlich verwurzelten Heilpflanzen eingesetzt. Das Relief wird seriell wie mit einem Butter- oder Bibermodel geprägt. Die Gestaltung dieses Reliefs könnte über die Kunst am Bau eruiert werden.


Innenraumgestaltung
Das im Appenzellerland traditionelle Material Holz wird im Innenbereich in Form von Fensternischen, Möbeln und Einbauten gestalterisch umgesetzt. Holz ist für den Spitalbau geeignete, schafft ein gesundes Raumklima, ist feuchtigkeitsausgleichend und lädt sich elektrostatisch nicht auf. Diese Eigenschaften treffen auch auf das Material Linoleum zu, das zudem antibakteriell wirkt und womit sich der Bodenbelag für viele Spitalbereiche gestalten lässt. Im Spital kommt der Gestaltung der Decke als weitere Aussichts- und Lichtebene eine besondere Bedeutung zu, da der Patient zur Genesung oder beim Untersuch die meiste Zeit liegend im Bett ver-bringt und sich der Blick reflexartig auch zur Decke richtet.


Mit diesem Konzept wird auf die unterschiedlichen Menschen eingegangen und ihnen ein Arbeit- und Genesungsumfeld gestaltet, dass sich auf den Ort, die Funktion und die Schönheiten des Appenzellerlandes auch in der Material- und Farbwahl bezieht.